Neulich auf der Hochzeitsfeier meiner Cousine: Ich bin seit zwölf Wochen stolze Pumpenträgerin. „Fast schon ein alter Hase“, denke ich mir, da bislang – abgesehen von der kurzen Eingewöhnungsphase – alles optimal läuft.
Ich erhasche einen Blick auf das Hochzeitsbuffet. „Als Beilage ein paar Kroketten und eine Portion Spätzle, das macht etwa sechs BE“, rechne ich. Ein kurzer Pieks in den Finger, den Blutzucker messen; in die Pumpe programmiere ich den Dualen Bolus. Doch irgendwie habe ich mehr Appetit als geahnt. Nach einer halben Stunde wage ich noch einmal den Gang zum Buffet. „Naja“, sage ich mir. „Drei BE gehen auch mal ausnahmsweise mit dem Easy-Bolus“.
Eine Stunde später, als die Eisbombe und der Obstsalat serviert werden, ist mir klar: „Der Easy-Bolus muss noch mal herhalten.“ Am späten Abend fahren meine Werte natürlich Achterbahn. Erst bin ich einer Unterzuckerung nahe – anschließend rauscht mein Blutzucker dank Traubenzucker und belegtem Brötchen rasant in die Höhe.
Mit den Worten „Du bist vielleicht ein Dummerchen“ nimmt mich wenige Tage nach dem rauschenden Fest meine Diabetesberaterin in Empfang. „Ich frage mich wirklich, warum ich Dir den Sinn des verzögerten Bolus erklärt habe. Der ist doch bestens geeignet, wenn sich ein Mehrgänge-Menü oder ein Essen am Buffet über mehrere Stunden hinziehen.“ Schließlich sei es extrem lästig, wenn man zwischendurch immer wieder einen neuen Bolus abgeben und sich dauernd Gedanken über den Diabetes machen müsse. „Außerdem verlierst Du auf diese Weise ganz schnell den Überblick. Kein Wunder, dass Du mit einer Hypo zu kämpfen hattest“, stellt meine Diabetesberaterin klar.
Sie erklärt mir noch einmal mit einer Engelsgeduld, dass die gewählte Bolusmenge zunächst geschätzt wird. Für den Fall, dass das Bolusinsulin zu niedrig angesetzt worden sei, könne ein einmaliger Bolus nachgegeben werden. Sei er dagegen zu hoch gewesen, könne er jederzeit abgebrochen werden. „Aber Vorsicht beim verzögerten Bolus“ gibt sie mir zum Abschied mit auf den Weg. „Bitte beachte dabei die Wirkdauer des Insulins und korrigiere den Blutzuckerwert nicht zu früh.“