Aktuelle Diabetes-Studie: Infektionen können Risiko für Typ-1-Diabetes bei Kindern erhöhen

Virale Atemwegsinfektionen in den ersten sechs Lebensmonaten sind mit einem erhöhten Risiko für Typ-1-Diabetes assoziiert. Zu diesem Ergebnis kommt ein Wissenschaftlerteam des Helmholtz Zentrums München in einer Studie, die in der aktuellen Ausgabe des renommierten US-Magazins ‚JAMA‘ näher beleuchtet wird. Für ihre Studie nahmen die Experten um Professor Dr. Anette-Gabriele Ziegler, Direktorin des Instituts für Diabetesforschung (IDF) am Helmholtz Zentrum München, anonymisierte Daten von fast 300.000 Kindern unter die Lupe, die zwischen 2005 und 2007 in Bayern geboren worden waren. Das sind etwa 85 Prozent aller bayerischen Neugeborenen aus diesem Zeitraum. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) hatte das Datenmaterial für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt.

Aktuelle Diabetes-Studie
Aktuelle Diabetes-Studie: Virale Atemwegsinfektionen in den ersten sechs Lebensmonaten sind mit einem erhöhten Risiko für Typ-1-Diabetes verknüpft. © Alex Ishchenko/Fotolia


Zieglers Team, das auch Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) ist, wertete gezielt alle verfügbaren Daten zu Infektionen im Hinblick auf das spätere Auftreten von Typ-1-Diabetes aus. Die Infektionen wurden noch einmal aufgeschlüsselt nach der Lokalisation der Symptome (wie etwa Haut, Augen, Magen-Darm-Trakt oder Atemwege), den Ursachen (Bakterien, Viren oder Pilze) und dem Lebensalter (vierteljährlich ab Geburt).

Die daraus resultierenden Zusammenhänge fasst Erstautor PD Dr. Andreas Beyerlein folgendermaßen zusammen: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass virale Atemwegserkrankungen innerhalb der ersten sechs Lebensmonate das Risiko für Kinder, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, signifikant erhöhen.“ Infektionen, die später oder an anderen Organen auftraten, waren nicht mit einem signifikant höheren Risiko verbunden. Für die Forscher ist diese Erkenntnis ein weiterer Baustein auf dem Weg, die Entstehung von Typ-1-Diabetes zu verstehen, bei der das Zusammenspiel von Genetik und Umweltfaktoren noch weitgehend unklar ist.

Bisher gab es für den Einfluss von Infektionen nur relativ inkonsistente Hinweise aus Studien von Kindern mit genetisch erhöhtem Risiko für Typ-1-Diabetes. „Wir konnten dies nun erstmals an einem populationsbasierten Kollektiv von fast 300.000 Kindern bestätigen und fanden insbesondere starke Hinweise für die ersten sechs Monate als besonders empfindliche Lebensphase“, erläutert Studienleiterin Professor Dr. Anette-Gabriele Ziegler. „Das deckt sich auch mit anderen von uns veröffentlichten Ergebnissen basierend auf Daten von Kindern mit familiär bedingt erhöhtem Risiko, die bereits nahelegten, dass das erste halbe Jahr entscheidend für die Entwicklung des Immunsystems und möglicher Autoimmunkrankheiten wie Typ-1-Diabetes ist.“

Künftig wollen die Wissenschaftler herausfinden, ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang besteht und wenn ja, welche Krankheitserreger genau beteiligt sind und wie sie diesen Effekt auslösen. Auf dieser Grundlage könnte man dann möglicherweise versuchen, eine entsprechende Impfung zu entwickeln.

Original-Publikation: Beyerlein, A. et al. (2016). Infections in early life and development of type 1 diabetes, JAMA, doi: 10.1001/jama.2016. 2181

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