Diabetes-Diagnose: Jeder vierte 80-Jährige Deutsche leidet an Typ-2-Diabetes

Epidemiologen am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) haben Daten zu 65 Millionen Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) aus den Jahren 2009 und 2010 ausgewertet. Das Ergebnis: 2010 haben 9,9 Prozent der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen eine Diabetes-Diagnose erhalten. Dies ist im Vergleich zum Vorjahr ein leichter Anstieg in allen Altersgruppen. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung leben – den Schätzungen der Forscher nach – 5,8 Millionen Typ-2-Diabetiker in Deutschland. Jedes Jahr werden annähernd 600.000 Personen neu mit Diabetes diagnostiziert.

Diabetes-Diagnose
Diabetes-Diagnose: In Deutschland leidet jeder vierte Mensch ab 80 Jahren an einem Typ-2-Diabetes. © Robert Kneschke/Fotolia


„Die Daten haben erstmalig gezeigt, dass in Deutschland jeder vierte Mensch ab 80 Jahren an einem Typ-2-Diabetes leidet“, betont Prof. Dr. Oliver Kuß, Direktor am Institut für Biometrie und Epidemiologie am Deutschen Diabetes-Zentrum. „Inwiefern für diese wachsende Bevölkerungsgruppe ein besonderer Versorgungsbedarf, ein erhöhtes Risiko für Komplikationen und Sterblichkeit besteht, müssen weitere Studien zeigen“, unterstreicht sein Kollege, Privatdozent Dr. Wolfgang Rathmann. Bislang gäbe es kaum Untersuchungen für die Altersgruppe ab 80 Jahren, da diese in populationsbasierten Studien in der Regel unterrepräsentiert seien. Aus ihren Ergebnissen leiten die Wissenschaftler entsprechend ab, dass bei einer Prävalenz von rund 24 Prozent der über 80-Jährigen ungefähr eine Million Menschen mit Typ-2-Diabetes in Deutschland in dieser Altersgruppe leben.

Auch die allgemeine Neuerkrankungsrate über alle Altersgruppen ließ sich aus den Versichertendaten schätzen. So bekamen im Jahr 2010 570.000 Personen eine neue Diabetes-Diagnose. Diese Zahl übertrifft sämtliche bisherigen Schätzungen. „Die hohe Anzahl von Neuerkrankungen in unserer Studie lässt sich durch die fehlenden Daten in anderen Erhebungen erklären. Dort fehlte uns die wichtige Altersgruppe ab 80 Jahren“, erläutert Dr. Wolfgang Rathmann. Rechnet man die Daten auf das Jahr 2015 hoch, erhielten sogar 595.000 Personen eine neue Diabetes-Diagnose, was fast der Einwohnerzahl der Stadt Düsseldorf entspricht.

Bislang erlaubten epidemiologische Studien in Deutschland zum Diabetes mellitus aufgrund fehlender Daten nur ungenaue Aussagen über spezifische Altersgruppen und damit in der Folge keine zuverlässigen Hochrechnungen auf die Gesamtbevölkerung. Durch die Datentransparenzverordnung (2012) und die erstmalige Bereitstellung von krankenkassenübergreifenden Routinedaten konnte nun eine entscheidende Datenlücke geschlossen werden. Die Wissenschaftler des DDZ errechneten neue Schätzungen zur Häufigkeit des Typ-2-Diabetes in Deutschland in Bezug auf alters- und geschlechterspezifische Altersgruppen sowie zur Gesamtprävalenz und Inzidenz (Neuerkrankungsrate).

Ergebnisse: Eine Diabetes-Diagnose wurde im Jahr 2009 bei 9,7 Prozent der 65,6 Millionen GKV-Versicherten festgestellt, im Jahr 2010 bei 9,9 Prozent. Nach Standardisierung auf die deutsche Bevölkerung lag die Gesamtprävalenz des Diabetes mellitus bei einer Prävalenz von 6,9 Prozent (2009) beziehungsweise 7,1 Prozent (2010). 2,5 Prozent entfielen auf Diagnosen zu sonstigem und unklarem Diabetes. 0,3 Prozent machten den Typ-1-Diabetes aus.

Es zeigte sich, dass die Prävalenz des Typ-2-Diabetes etwa ab dem 50. Lebensjahr in beiden Untersuchungsjahren sprunghaft anstieg und bei den GKV-Versicherten im Alter von etwa 80 Jahren ihren Höhepunkt bei rund 25 Prozent in der Altersgruppe erreicht. Zwischen dem 40. und 80. Lebensjahr stieg die Prävalenz des Typ-2-Diabetes bei Männern deutlich höher als bei Frauen an. Nach dem 80. Lebensjahr bewegte sich die Prävalenz bei beiden Geschlechtern auf vergleichbarem Niveau und sank bei der Altersgruppe ab 100 Jahren. Die Studie wurde in der Zeitschrift „Deutsches Ärzteblatt“ veröffentlicht.

1 comments

  1. Auch wenn der Erhebungszeitraum bereits etwas zurück liegt, sind die Daten doch erschreckend. Betrachtet man zudem internationale Prognosen, die von weltweit 480 Mio. Diabetes-Patienten bereits für das Jahr 2040 ausgehen, wird umso mehr deutlich, wie wichtig eine Aufklärungsarbeit immer noch ist.

    Gerade beim angesprochenen Typ-2 Diabetes, dem wir durch unseren Lebensstil, eigenhändig vorbeugen können, sollten solche Zahlen vermehr in der Öffentlichkeit gestreut werden und als ernsthaftes Warnsignal wahrgenommen werden.

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