Bessere Heilungschancen für Typ-1? Diabetes-Kombinationstherapie lautet die Zauberformel

Diabetes mellitus Typ 1, bei dem das eigene Immunsystem die insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört, ist bis heute nicht heilbar. An der Autoimmunerkrankung leiden allein in Deutschland etwa 30.000 Kinder und Jugendliche, die sich dauerhaft Insulin – sei es mit Pen oder Pumpe – injizieren müssen. In den vergangenen Jahren entfachte sich unter Wissenschaftlern eine Debatte, ob nicht die Kombination von verschiedenen Wirkstoffen eine Heilung ermöglichen könnte. Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) sehen in der Diabetes-Kombinationstherapie einen erfolgversprechenden Ausgangspunkt.

Diabetes-Kombinationstherapie
Schach dem Typ-1-Diabetes? Ein erfolgversprechender Forschungsansatz könnte die sogenannte Diabetes-Kombinationstherapie sein. © Minerva Studio / Fotolia


Der neue Forschungsansatz orientiert sich am erfolgreichen Vorgehen bei anderen unheilbaren Erkrankungen, zum Beispiel der kindlichen Leukämie. „Der Durchbruch in der Behandlung dieser bösartigen Blutkrebserkrankung kam mit der Kombinationstherapie, die heute eine 80-prozentige Heilungsrate ermöglicht“, betont Professor Dr. med. Sigurd Lenzen vom Institut für Klinische Biochemie der Medizinischen Hochschule Hannover. Analog zu diesem Erfolgsmodell erwartet unter anderem die amerikanische Diabetesgesellschaft einen Durchbruch in der Behandlung des Diabetes Typ 1 von der Kombination verschiedener Wirkstoffe. „Die Lösung des Problems liegt womöglich in der Anwendung von zwei unterschiedlich wirkenden therapeutischen Antikörpern und gegebenenfalls zusätzlichen Wirkstoffen“, erläutert DDG-Experte Professor Lenzen.

Die Wissenschaftler aus Hannover konnten bereits in Rattenversuchen erfolgreich nachweisen, dass eine Kombinationstherapie die Diabetes-Typ-1-Erkrankung heilen kann (die Fachzeitschrift DIABETES berichtete). Dies gelang in Experimenten mit der sogenannten IDDM-Ratte, einem Tiermodell, das dem menschlichen, an Typ-1-Diabetes erkrankten Organismus am stärksten ähnelt. „Dieses Rattenmodell ist auf den Menschen gut übertragbar und besitzt eine hohe Aussagekraft“, meint Professor Lenzen. In den Versuchen wurde eine Gruppe der Ratten, die einen Typ-1-Diabetes entwickelt hatte, kurz nach Beginn der Erkrankung für die Dauer von fünf aufeinanderfolgenden Tagen mit einer Kombination aus den Antikörpern Anti-TNF-Alpha und Anti-TCR behandelt.

Ergebnis der Kombinationstherapie: Bei allen behandelten Ratten, die zu Therapiebeginn einen Blutzuckerspiegel unter 15 mmol/L hatten, kehrten die Werte wieder in den Normalbereich zurück. „Dieser Effekt hielt über die gesamte Beobachtungsdauer von sechzig Tagen stabil an“, resümiert der DDG-Experte. Darüber hinaus sei die Zerstörung der insulinproduzierenden Betazellen gestoppt worden, wie Untersuchungen der Bauchspeicheldrüse nach zwei Monaten ergaben. „Das diabetische Immunzellinfiltrat im Pankreas war verschwunden, und es setzte sogar eine Regeneration der Betazellen ein“, erklärt Professor Lenzen. „Im Ergebnis war die Betazellmasse der mit der Kombinationstherapie behandelten Ratten wieder fast so normal wie bei der gesunden Vergleichsgruppe.“

Wie die Versuche ebenfalls zeigten, sei eine erfolgreiche Behandlung aber nur bei frühem Therapiebeginn möglich. „Die Kombinationstherapie muss einsetzen, bevor der Blutzuckerspiegel über 15 mmol/Liter steigt“, bekräftigt Professor Lenzen. Nur, wenn die verbliebene Betazellreserve in der Bauchspeicheldrüse noch mindestens zwanzig bis dreißig Prozent betrage, könne der Organismus wieder eine eigenständige Insulinversorgung herstellen. „Die Ergebnisse sind vielversprechend“, sagt DDG-Präsident Professor Dr. med. Baptist Gallwitz. „Sie sollten jetzt in längerfristigen Tierversuchen überprüft werden.“ Sollte sich die Wirksamkeit der Kombinationstherapie bestätigen, wäre es lohnenswert, diese in Hinblick auf eine Anwendung am Menschen zu testen.

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