Während viele Städte medizinisch überversorgt sind, droht auf dem Land eine Unterversorgung: So benötigen beispielsweise die Menschen in vielen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns mehrere Stunden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, um den nächsten Hausarzt zu erreichen. Abhilfe schaffen soll das Projekt „Diabetes-Beratung auf Rädern“. Nach einem erfolgreichen Start der Initiative 2014 mit 20 Einsätzen, steht in diesem Jahr Nord- und Ostdeutschland auf dem Tourplan.
„Während im letzten Jahr ländliche Gegenden in Nordrhein-Westfalen (NRW) im Fokus standen, werden wir jetzt vorwiegend Regionen in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein besuchen“, erläutert Martin Hadder, Vorsitzender des Landesverbandes NRW der Deutschen Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH-M). Zu diesem Zweck hat der Landesverband einen Kleintransporter mit einer Diabetes-Sofort-Diagnostik ausgestattet. Diabetesberaterinnen des VDBD informieren Passanten über die Folgen einer ungesunden Lebensführung und testen ihre Blutzuckerwerte, um eine mögliche Vorstufe des Diabetes zu erkennen.
Auch Dietrich Monstadt, Mitglied des Bundestages der CDU/CSU-Fraktion, ist überzeugt, dass die „Diabetes-Beratung auf Rädern“ in ländlichen Regionen einen wichtigen Beitrag zur Prävention und Früherkennung der Stoffwechselerkrankung leisten kann: „Zwar zeigen die bundesweiten Zahlen keinen Ärztemangel, dafür aber ein Ärzteverteilungsproblem“, unterstreicht er.
Das Spendenprojekt von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe soll helfen, diese Versorgungslücke zu schließen und Hausärzte bei der Erstdiagnose, aber auch Fachärzte, zu entlasten. „Ein Großteil der Diabetologen praktiziert in Rostock, Schwerin und Greifswald-Stralsund“, berichtet Privatdozent Dr. med. Stefan Zimny, Diabetologe an der HELIOS Klinik in Schwerin. Diabetes-Patienten, die auf dem Land leben, seien daher meist auf die Betreuung eines Hausarztes angewiesen. In Mecklenburg-Vorpommern sind jedoch aktuell rund 115 Hausärztestellen unbesetzt. „Uns liegen zudem Daten vor, dass der Weg zum Hausarzt für jeden vierten Patienten eine Fahrtzeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) von einer bis vier Stunden bedeutet“, betont der Vorsitzende der Regionalgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Für drei Prozent gebe es gar keine Erreichbarkeit mittels ÖPNV.
Auf diesen Mangel an Hausärzten hat kürzlich auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hingewiesen. In einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa forderte er dazu auf, „experimentierfreudiger“ zu sein, um die Herausforderung der ländlichen Regionen zu meistern. „Genau das setzen wir mit dem Diabetes-Info-Mobil um“, sagt Martin Hadder und erklärt das Konzept wie folgt: „Wenn die Ärzte nicht zu den Menschen auf dem Land kommen, kommen wir zu ihnen, um sie zu beraten und informieren.“
Ob das Projekt hält, was es verspricht, wertet das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf aus. Erfasst wird unter anderem, bei wie vielen Menschen das Projekt-Team einen bisher unbekannten Diabetes entdeckt. „Eine vergleichbare Datenerhebung gibt es in Deutschland bisher nicht“, so Hadder. Deshalb hat sich auch das Bundesgesundheitsministerium dazu entschlossen, das Projekt zu fördern. Auch die AOK Nordost unterstützt die „Diabetes-Beratung auf Rädern“ mittels Öffentlichkeitsarbeit.
Mehr Infos über „Diabetes-Beratung auf Rädern“ findet Ihr hier.