Für zeitgemäßes Diabetes-Management ist es nie zu spät… Wir haben ein sehr spannendes Patienten-Interview mit Rainer Hackemann geführt. Er ist 80 Jahre alt, seit 2020 Witwer und hat seit 1985 Diabetes Typ 1. Er hat eine sehr außergewöhnliche, besondere Geschichte zu erzählen. Nach seiner Diabetes-Diagnose wurde er lange Zeit mit Tabletten behandelt.
Jetzt mit 80 Jahren hat er sich entschieden vom Insulinpen auf die Insulinpumpe umzusteigen. Warum ausgerechnet jetzt, ob das die richtige Entscheidung war und ob er Gleichaltrigen auch dazu raten würde, diesen Schritt zu gehen, verrät er uns im Interview.
Wie lange haben Sie schon Diabetes und wie wurde Ihr Diabetes damals nach der Diagnose therapiert?
Mein Diabetes wurde 1985 von meinem Hausarzt festgestellt. Die Diabetes-Diagnose des Arztes war damals etwas dürftig und ich wurde mit Tabletten versorgt. Als mein Langzeitwert schlechter wurde, nahm ich auf Anweisung immer mehr Tabletten. Ohne nachhaltigen Erfolg. Obwohl ich mich gesund und ausgewogen ernährte, wurde mein HbA1c-Wert immer schlechter. (Heute bei 5,8%-6,0%) Ich hatte großen Durst, mein Körpergewicht reduzierte sich immer mehr, bis man 1999 in der Diabetes-Abteilung im Klinikum Wuppertal Diabetes Typ 1 diagnostizierte. Ich wurde erfolgreich auf Insulin umgestellt. Anfangs wurde die Basalrate noch dreimal täglich verabreicht, was für mich als Außendienstler etwas störend war, mit fortschreitender Insulin-Forschung aber einfacher wurde.
Welche Therapieform wenden Sie aktuell an? Seit wann haben Sie Ihre Insulinpumpe und welche Insulinpumpe nutzen Sie?
Seit 2017 nutze ich das rtCGM-System Dexcom G5 und seit 2019 das rtCGM-System Dexcom G6. Dadurch haben sich meine stark schwankenden Blutzuckerwerte wesentlich verbessert. Seit Anfang Januar 2022 verwende ich das OmniPod DASH-System.
Was hat Sie veranlasst, jetzt mit 80 Jahren dann doch noch eine Insulinpumpe auszuprobieren, bzw. warum haben Sie sich nicht eher dafür entschieden?
An Insulinpumpen hatte ich schon von Anfang an Interesse. Eine Veranstaltung mit einigen Insulinpumpenträgern ließ mich aber davon Abstand nehmen, da die Katheter-Kanülen bei einigen Probanden Schwierigkeiten machten. Pen-Spritzstellen zu finden, wurde für mich mit der Zeit jedoch schwieriger. Ich wechselte die Spritzstellen nach Vorgabe, verwendete auch jedesmal neue Pen-Nadeln, bekam aber einige Lipome. Dadurch wurde das Spritzen und Auffinden möglicher Spritzstellen immer schwieriger. So kam es, dass ich mich auf die Suche nach einer geeigneten Insulinpumpe begab.
Bei einer Nachbarin sah ich im Sommer 2021 einen Omnipod am Oberarm. Der Omnipod ist eine Patch-Pumpe und schlauchlos. Das förderte mein Interesse. Ich hatte über den Omnipod DASH schon einiges recherchiert, war aber noch unentschlossen. Einen Demo-Pod hatte ich schon bestellt, um das Trageverhalten auszutesten. Die guten Erfahrungen der Nachbarin mit dem OmniPod veranlassten mich bei meiner neuen Diabetes-Praxis, dieses System zu hinterfragen und eine Verordnung einzureichen. Seit Anfang Januar 2022 verwende ich nun das Omnipod DASH-System.
Viele ältere Menschen, teilweise sogar jüngere Menschen haben Sorge, dass sie mit der Technik überfordert sind. Haben Sie sich gar nicht vor der Technik gescheut?
Die Diabetes-Praxis bereitete mich schon im Vorfeld bestens auf das Omnipod DASH-System vor. Die Schulung durch die Diabetesberaterin und die DIASHOP-Mitarbeiterin war intensiv und hervorragend. Sie ließ mich keinen Augenblick an meiner Entscheidung zweifeln.
Hat mit dem OnmiPod alles auf Anhieb geklappt oder gab es Stolpersteine? Falls ja, welche waren das?
Nach dem ersten gemeinsamen Befüllen und Anlegen des Omnipod DASH vor Ort in der Praxis klappte es mit den folgenden allein. Mit Hilfe der Bedienungsanleitung ging es einfach von der Hand. Daraus entwickelte sich schnell eine Routine.
Sind Sie bis hierhin zufrieden mit der neuen Therapieform und welche Verbesserungen konnten Sie im Hinblick auf ihr Diabetesmanagement feststellen?
Mit der App „diasend“ werden meine Diabetesdaten von Dexcom Clarity und Omnipod DASH zusammengeführt und können gemeinsam abgerufen werden. Das Abrufen für Praxis und Verwender klappt online sehr gut und vereinfacht das Diabetesmanagement sehr. Wenn in absehbarer Zukunft die Systeme kompatibel sind, wird es sicher noch einfacher. Aber darauf sollte man nicht warten, sondern schon jetzt die Möglichkeiten nutzen, die vorhanden sind.
Würden Sie andere in ihrem Alter auch zu einer Insulinpumpe ermutigen. Denken Sie, dass Gleichaltrige auch gut damit zurechtkommen würden?
Die Verwendung der Insulinpumpe kann ich schon nach kurzer Nutzungszeit jedem Interessierten bestens empfehlen. Man wird unabhängiger von der Spritzmöglichkeit des Insulinpens. Man kann schneller auf Blutzuckerschwankungen reagieren und einwirken. Das gibt einem ein verbessertes Lebensgefühl. Nach kurzer Pumpenverwendung fragt man sich: Warum erst jetzt? Mir fehlte sicherlich ein Mutmacher. Ich bekam den Anschub dazu von einer zufriedenen Anwenderin.
Jeder der ein Smartphone benutzt (iPhone oder Android) kommt mit der Pumpentechnik zurecht. Also bitte habt keine Angst vor der Pumpentechnik. Die Verwendung ist wesentlich einfacher als das umfangreiche Handbuch (im Vorfeld eingesehen) mir anfangs vermittelte.
Was würden Sie sich wünschen für ihr künftige Therapie? Könnten Sie sich sogar ein Loop-System vorstellen?
Wer möchte, kann nach erfolgreicher Einarbeitung auch über ein Loop-System, mit dem man die Steuerung des Blutzuckers automatisieren kann, nachdenken. Aber zuerst ist aller Anfang die Pumpe.
Wir bedanken uns herzlich für dieses spannende Interview. Ist Rainer Hackemann nicht eine inspirierende Persönlichkeit?
Großartig! Sehr sehr inspirierend, irgendwie macht das Lust darauf selber doch mal über eine Pumpe nach zudenken.