Vor 25 Jahren – genauer gesagt, vom 10. bis 12. Oktober 1989 – trafen sich im italienischen St. Vincent Vertreter von Gesundheitsministerien und Patientenorganisationen aus Europa und berieten mit Experten über die zunehmende Diabetesepidemie. Auf Initiative der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Diabetesföderation (IDF) wurden die Staaten aufgefordert, Pläne zur Verhütung, Erkennung und Behandlung der Stoffwechselerkrankung zu erarbeiten.
Besonders sollten die gravierenden Folgeerkrankungen, wie Blindheit, Nierenschäden und Amputationen, reduziert und die zunehmende Diabetesepidemie gestoppt werden. Ein Anlass für die Deutsche Diabetes Gesellschaft, 25 Jahre nach diesem denkwürdigen Treffen Bilanz zu ziehen: „Erfolgreich war die St. Vincent Deklaration in Bezug auf die Folgeerkrankungen“, bekräftigt DDG-Präsident Privatdozent Dr. med. Erhard Siegel. „Heute erkranken nur noch zehn bis fünfzehn Prozent der Patienten mit Diabetes Typ 2 an einer Netzhaut-Erkrankung, die zu Erblindung führen kann. Vor einigen Jahrzehnten waren es beim Typ-2-Diabetes noch 40 Prozent. Ein Grund dafür ist neben neuen Therapiemöglichkeiten durch Laser die bessere augenärztliche Versorgung.“
Auch beim Diabetischen Fußsyndrom, in dessen Folge es in Deutschland auch heute immer noch zu jährlich 40.000 Amputationen kommt, zeichne sich ein positiver Trend ab. Noch zu Beginn der 1990er Jahre waren Fuß-Amputationen bei Diabetikern 20-mal häufiger im Vergleich zu Menschen ohne Diabetes. Inzwischen sei das relative Risiko deutlich gesunken.
„Den Erfolgen bei den Diabetes-Folgeerkrankungen steht ein Versagen bei der Primärprävention gegenüber“, betont Dr. Dietrich Garlichs, Geschäftsführer der DDG. Die wachsende Zahl der Diabeteserkrankungen konnte nicht gestoppt werden. Allein in den Jahren zwischen 1998 und 2012 sei die Zahl der Diabetespatienten in Deutschland um 38 Prozent auf über sechs Millionen angestiegen. Der größte Teil dieses Zuwachses sei nicht durch die Alterung der Bevölkerung verursacht. „Der Grund hierfür ist, dass es immer noch keine Nationale Diabetesstrategie gibt und eine klare Präventionspolitik fehlt“, meint der DDG-Geschäftsführer. „Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung, um den weiteren Anstieg der Diabeteserkrankungen und anderer chronischer Krankheiten zu verhindern.“
Gehandelt werden müsse auch aus gesundheitsökonomischen Gründen, ergänzt DDG-Präsident Siegel. „Ohne Erfolge in der Prävention werden die Gesundheitskosten explodieren.“ Schon heute liegen die durch den Diabetes und seine Folgeerkrankungen verursachten Kosten bei jährlich 35 Milliarden Euro. „Nur wenn es uns gelingt, die Zahl der Erkrankungen langfristig zu verringern, werden wir die Kosten für eine bestmögliche Versorgung der Erkrankten auf Dauer aufbringen können.“